[Rezension] Sepetys, Ruta - Und in mir der unbesiegbare Sommer

| 3 Kommentare
Autor: Ruta Sepetys
Original: Between Shades of Gray
Reihe: -
Genre: Liebe/Romantik, Drama
Preis: 16,90€
Format: Hardcover
Seiten: 296
ISBN: 978-3-551-58254-6
Verlag: Carlsen


Litauen, Sommer 1941: Die fünfzehnjährige Lina trägt noch ihr Nachthemd, als man sie, ihre Mutter und ihren jüngeren Bruder Jonas abholt. Sie weiß noch nicht, dass die sowjetische Geheimpolizei auch ihren Vater an der Universität verhaftet hat. Und auch nicht, dass sie - wie zehntausende andere Balten - nach Sibieren deportiert wird. Von einem Tag auf den anderen ist Lina konfrontiert mit unvorstellbarem menschlichem Leid, mit Hunger, Krankheiten und furchtbarer Gewalt. Doch Lina fängt an zu zeichnen, in den Staub, auf jedes kleinste Stück Papier, das sie finden kann. Und sie verliebt sich in Andrius. Lina kämpft um ihr Leben und um das ihrer Familie. Doch wird sie stark genug sein?
Mit meinen Worten
Lina schreibt einen Brief an ihre Cousine Joana, als sie kommen. Noch im Nachthemd muss sie mit ihrem Bruder Jonas und ihrer Mutter alles einpacken, was sie in zwanzig Minuten fassen können - dann wurden sie abgeführt. Zusammen mit einigen anderen Litauern werden sie in ein Arbeitslager gebracht, in dem sie für die Wachmänner alle möglichen Drecksarbeiten machen müssen: Rüben ernten, Säcke schleppen, Graben ausheben...

In diesem Lager müssen die drei um ihr Überleben kämpfen. Die Wachmänner bekommen alles, was sie wollen, sie, sie als Faschistenschweine, bekommen noch nicht mal immer ihre tägliche Ration Brot. Nur die die kuschen und den Vertrag über fünfundzwanzig Jahre Zwangsarbeit unterschreiben bekommen was sie wollen. Wie sollen sie es nur schaffen? Den Brief an Joana soll Lina nie zuende schreiben dürfen.

Das Urteil
"Zwanzig Minuten", bellte der Offizier. Er warf die Zigarette auf den blanken Wohnzimmerboden und trat sie mit dem Hacken in das Holz.
Wir würden alle bald wie diese Zigarette sein.

Ruta Sepetys ist genial. Einfach nur genial.
Sie hat mich mehr als nur einmal bis zu Tränen gerührt und mich durch die viele Grausamkeit in dem Buch sehr nachdenklich gemacht. Sie beschreibt Linas Welt so authentisch, dass der Leser sich immer wie mittendrin fühlt. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich irgendwas verpasse oder irgendwas nicht ausreichend dargestellt wurde. Besonders die Tatsache, dass Frau Sepetys zwar auch sehr gefühlsvoll beschreiben kann, aber auch eben diese „Nüchternheit“ in ihrem Schreibstil hat, hat mich begeistert. Die Taten der Sowjets werden zwar grausam beschrieben, werden aber im Laufe des Buches normal (sogar für den Leser!).

In den Anmerkungen findet man eine kleine Erklärung der Hintergrundgeschichte des Buches. Das hat mir sehr gefallen, da ich zum Beispiel auch noch kaum etwas über Stalin und seine Machenschaften wusste (praktisch bei mir ist aber gerade, dass wir mit dem Thema in der Schule anfingen). Ich kann so auch teilweise bezeugen, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat (in dem Nachwort steht ja auch das sie extra nach Litauen gereist ist und verschiedene Historiker, Beamte usw. zu dem Thema befragt hat).
Die Autorin bringt die Situation von Lina dadurch auch sehr authentisch rüber. Sie werden in dieses Arbeitslager eingeliefert, meckern zwar zuerst (natürlich berechtigt) über ihre Situation, finden sich später auch damit ab. Ich muss jetzt immer noch den Kopf darüber schütteln, wie die Sowjets sie misshandelt haben: Mit Konserven nach ihnen werfen, vor ihren Augen irgendwelche Speisen zu verdrücken, die die Litauer nicht bekommen, ihnen nicht einmal Holz geben und, und, und. Ich wäre am liebsten in das Buch gesprungen und hätte Lina gerettet!

Man ist als Leser immer bei Lina. Ruta Sepetys erzählt von der Arbeit in dem Lager und spiegelt die Sehnsucht nach Litauen wieder. Sie sind immer in der Gefahr, den nächsten Morgen nicht zu erleben, weil sie entweder verhungern oder so wie viele in dem Lager wegen der schweren Arbeit oder der vielen Krankheiten sterben. Schon in der Reise dorthin wird klar, dass die Sowjets mit den Kranken nicht nett umgehen: Trauernde Mütter werden erschossen, Leichen werden einfach aus dem Zug geworfen…
Auch wenn das nicht die aktionsgeladene Geschichte ist, habe ich mich dennoch nie gelangweilt. Das Buch flog nur so an mir vorbei – ich habe es mehr oder weniger in einem Stück gelesen!

Auch mit den Charakteren hat Ruta Sepetys bewiesen, dass sie schreiben kann. Lina und die anderen Litauer haben eine unglaubliche Tiefe, so dass man sie sich ohne Probleme als richtige Menschen darstellen könnte. Ihr Wille ist unglaublich: Selbst während sie den größten Schwierigkeiten ausgesetzt werden, unterschreiben sie den Vertrag über die Zwangsarbeit nicht (nicht alle).

Mein Fazit
Mir fällt es unglaublich schwer, dieses Meisterwerk überhaupt in Worte fassen zu können denn keine meiner Beschreibungen wird diesem Buch gerecht. Ruta Sepetys bringt einem ein sehr heikles Thema so nahe, dass man sich sehr gut in Linas Zeit (und vorallem in die Litauer) hineinversetzen kann. Grausamkeit, Tod und andere Themen kommen in diesem Buch nicht zu kurz - Liebe aber auch nicht. Eine grausame Epoche verpackt in einer wunderschönen Geschichte, die man unbedingt in sein Bücherregal stellen soll.



Auch wenn Ruta Sepetys Buch nicht in Polen spielt, kann man in Warschau natürlich die KZ Geschichte gut nachverfolgen. Wer Infos über Polen etc. haben will, kann sich hier mal umschauen.

3 Kommentare:

  1. Eine echt schöne Rezension! Nicht nur inhaltlich hört sich das Buch nach etwas für mich an, auch das Cover gefällt mir. So schön, wobei es doch so schlicht gehalten ist. Mag ich. :-)

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  2. Musst du lesen! Aufjedenfall :)

    Dankeschön :) Bei der habe ich mir richtig die Zähne ausgerissen. Ehrlich gesagt bin ich mal wieder nicht zufrieden, aber naja, einem kann ja nicht jede Rezension perfekt gelingen (denke ich jedenfalls :D) :>

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  3. Hallo,

    vielen Dank für das Link zu polen.net, ich habe da ganz viele nützliche Infos gefunden.

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